Melville bringt es mit seinen Romanen Typee (1846) und Omoo (1847) zu einiger Bekanntheit, enttäuscht seine Leser aber mit den nachfolgenden Werken, weil er reine exotische Abenteuergeschichten verweigert. Die Veröffentlichung von Moby Dick (1851) wird kaum mehr beachtet, und als 1852 Pierre herauskommt, wird er in Kritiken ernsthaft für verrückt erklärt. Sein nächstes (heute als verschollen geltendes) Manuskript Isle of the Cross wird abgelehnt, sein letzter, 1857 veröffentlichter Roman The Confidence-Man höchstens mit Unverständnis aufgenommen, weitestgehend aber einfach ignoriert.
Steht die Bedeutung von Melvilles Romanen völlig außer Zweifel, so bleibt sein lyrisches Werk bis heute selbst in den USA, die ihn als einen ihrer größten Schriftsteller feiern, beinahe unbekannt, obwohl ihn die Fachwelt neben Walt Whitman und Emily Dickinson zu den bedeutendsten Lyrikern Amerikas des 19. Jahrhunderts zählt.
Als er sich 1866 mit Battle-Pieces wieder an das Licht der Öffentlichkeit wagt, wird das kaum mehr wahrgenommen. In dem zweiteiligen Gedichtezyklus pflegt Melville einen intensiven und quälerischen Umgang mit dem Thema Bürgerkrieg, den er als eine spezielle Ausformung einer generellen Geschichte menschlicher Konflikte und Unfreiheiten auffasst. In seiner stilistischen Bandbreite und zusammen mit dem abschließenden Essay, in dem Melville für Gleichberechtigung des unterlegenen Südens beim Wiederaufbau der Union plädiert, zeigen sie einen ambitionierten, selbstbewussten Dichter, der gleichermaßen nach Erinnerung wie nach Vorausschau strebt.
- Veröffentlicht am Samstag 9. November 2024 von Luftschacht
- ISBN: 9783902373564
- 256 Seiten
- Genre: Belletristik, Deutsch-Englisch, Zweisprachige Ausgaben