Schriften der Rosa-Luxemburg-Stiftung

"Integraler Sozialismus" und die heutige Linke

»Die österreichische Stimme darf auch heute nicht fehlen in der großen Menschheitssymphonie des internationalen Sozialismus. Was wir ihr zu geben haben, das quillt aus der ganzen Geschichte des Sozialismus in Österreich. Das ist die Konzeption eines integralen Sozialismus, der sich über die Gegensätze, die das Proletariat der Welt gespalten haben, erhebt, um sie zu überwinden.«
Otto Bauer

Otto Bauer (1881–1938), der Begründer des Austromarxismus, zählt zu den kreativsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Aus der Vielfalt seines Werkes ragt das Buch »Zwischen zwei Weltkriegen?« heraus. In ihm wird die Idee einer erneuerten Einheit der Arbeiterbewegung innerhalb eines »integralen Sozialismus« entwickelt. Was hat uns »integraler Sozialismus« nach dem Ende des sowjetischen Kommunismus und dem »fading away« der fordistischen Arbeiterbewegungen aber noch zu sagen?
Der Band, der von Bauers Konzept ausgeht, versucht diese Frage zu diskutieren. Dabei wird das theoretische Erbe des Austromarxismus kritisch besichtigt und auf seine Tauglichkeit für die Behandlung zeitgenössischer Probleme der Linken befragt.

Inhalt:

Vorwort: Austromarxismus und die Reform der Revolution
Austromarxismus: Aufstieg, Niedergang und Metamorphosen
Walter Baier: Integraler Sozialismus und radikale Demokratie
Brigitte Bailer-Galanda: Österreich 1934 bis 1938
Giacomo Marramao: Divergenzen, Konflikte und Metamorphosen
Situierung: Geschlechterpolitik, Bewegungen, Antisemitismus
Karin Schneider: Historische Bezüge von frauen- und genderpolitischen Positionen im Austromarxismus
Derek Weber: Otto Bauer und die österreichische ArbeiterInnenbewegung. Reform, Revolution und westlicher Marxismus
Andi Peham: Parteimarxismus und Antisemitismus. Anmerkungen zu einem historischen Versagen Verkörperung: Biologismus, Sexus und Machbarkeit
Lisbeth N. Trallori: Körperpolitische Diskurse im Austromarxismus
Eveline List: Austromarxismus, Psychoanalyse und Sexualreform
Karin Lehner: Gegen »generative Danaidenarbeit«. Das Konzept der »Menschenökonomie« bei Rudolf Goldscheid
Ökonomie: Patriarchat, Kapital und Krisen
Gabriele Michalitsch: Zwischen Kapitalismus und Patriarchat. Austromarxistische Pionierinnen der Nationalökonomie
Engelbert Stockhammer: Rudolf Hilferdings Finanzkapital zwischen marxistischer Orthodoxie und akueller Relevanz
Michael R. Krätke: Über die Krise der Weltwirtschaft, Demokratie und Sozialismus. Eine unveröffentlichte Untersuchung Otto Bauers über die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre Formen: Interaktion, Ethos und Religion
Birge Krondorfer: Denktropfen auf den Stein der poltischen Waisen. Die wir sind?
Gerhard Senft: Sozialismus – Individualismus – Eigenheit. Max Adlers Rezeption von Kant, Stirner und Marx
Tommaso La Rocca: Otto Bauers »Religion Privatsache« als Weg zur Freiheit der Politik und der Religion
Kontinuität und Diskontinuität: Nation, Kommunismus und Demokratie
Gerhard Steingress: Zur Aktualität der »nationalen Frage« im Zeitalter der Globalisierung. Betrachtungen zum Austromarxismus
Manfred Bauer: Friedrich Adler als Linkssozialist
Michael Graber: Der Austro-Eurokommunismus. Ein frühes Experiment
Peter Ulrich Lehner: Reflexionen zu Sozialismus und Demokratie
Heidi Ambrosch: Geschlechterdemokratische Nachsätze
Kultur: Zu Ästhetik, Kunstpädagogik und Architektur
Stephanie Matuszak-Groß: Zur bildhauerischen Ausgestaltung der Wiener Gemeindebauten.
Reflexionen im Spiegel des Austromarxismus: Der Putto
Rolf Laven: Franz Ciceks Reformen im »Roten Wien«
Ursula Hofbauer: Ein Städtebaumuseum des 20. Jahhunderts
Eva Brenner: Theatrale Intervention der Fleischerei. Szenen und Chöre aus dem Romanfragment »So starb eine Partei« von Jura Soyfer (1934)
Autorinnen und Autoren