Der Begriff ‚Bewußtsein‘ ist aus unserer Sprach- und Vorstellungswelt nicht mehr wegzudenken. Dennoch ist das Wort ‚Bewußtsein‘ erst durch Christian Wolffs 1719 erschienenes Buch über Metaphysik ‚Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt‘ in Erscheinung getreten. Die ihm vorhergehenden lateinischen und englischen bzw. französischen Begriffe ‚conscientia‘ und ‚conscience‘ (‚conscienceness‘) bedeuten ursprünglich nur ‚Gewissen‘. Hierin deutet sich eine über den psychologisch-biologischen Bereich hinausgehende Bedeutung des Bewußtseins an, die auch auf die moralische, religiöse und kulturgeschichtliche Sphäre verweist. Schon bald hat das Bewußtsein, ausgehend von Descartes‘ Gleichsetzung von ‚cogitatio‘ und ‚conscientia‘, eine zentrale Stelle in der Philosophie und Psychologie erreicht und spielt in der Erkenntnis- und Moralphilosophie des deutschen Idealismus die Hauptrolle. Schopenhauer setzt in seiner Ablehnung des deutschen Idealismus dem verabsolutierten Bewußtseins-Begriff die Macht des dunklen, triebhaften Willens entgegen. Von hier aus wird immer zugleich dem Bewußtsein das Unbewußte in allen Überlegungen und Untersuchungen gegenübergestellt. Auch uns beschäftigen noch immer Fragen aus dem Problemkreis der Entstehung des Bewußten aus dem Nicht-Bewußten. Aber außer solchen Entwicklungs- und Evolutionsproblemen rücken vor allem die hirnphysiologischen Untersuchungen zunehmend in den Mittelpunkt. Man versucht zu erforschen, wie bewußtes Handeln und Denken, aber auch das Bewußtsein selbst vom menschlichen Gehirn geleistet werden.
Deswegen will die FREIE AKADEMIE in einer Arbeitstagung die unterschiedlichen Aspekte der bisher unternommenen Anstrengungen einer Selbstaufklärung des Bewußtseins aufzeigen und die Bedeutung der Thematik herausstellen.
- Veröffentlicht am Freitag 2. Dezember 1994 von Freie Akademie
- ISBN: 9783923834143
- 220 Seiten
- Genre: Angewandte Psychologie, Sachbücher