See Saw

Photography by Antonia Henschel

von

Der Volksmund sagt: Reisen bildet. SEE SAW beweist: richtig – und zwar vor allem den Blick auf das Wesentliche. Das Reisetagebuch von Antonia Henschel entführt den Blick des Betrachters in zehn Orte rund um den Globus. Von London über Venedig bis Tokio. Nach einem Abstecher nach New Canaan in Connecticut geht es weiter nach Asien: Taipei und Shanghai. Erholung bietet sich den Augen in Marrakesch bevor die Reise nach Seoul fortgesetzt wird. Nach einem nebligen Waldstück an der Mosel entdeckt man auf dem letzten Foto des Buches ein Ladenschild in Odawara, dicht bei Tokio. Die zwei Augen auf dem Schild scheinen zu fragen: Na, haben Sie wirklich alles ge sehen? Spätestens jetzt sollte man noch einmal zurückblättern zu seinen Lieblingsaufnahmen. Nun lässt sich die feine Choreographie hinter den, auf matt gestrichenem Papier gedruckten, Fotos entdecken.
Der rote Serpentine Pavilion in London von Jean Nouvel sieht, fast vollständig verdeckt von einer grünen Hecke und einem blühenden Kirschbaum, plötzlich aus wie ein japanischer Tempel. Kirschbaum? Lässt sich der Blick hier vielleicht schon von den folgenden Bildern täuschen? Sie zeigen Straßenszenen aus Tokio – eindeutig Tokio. Ihnen folgt das Glas Haus von Philip Johnson, das in seiner filigranen Transparenz und in seiner Einbettung in die Natur nun plötzlich wie die moderne Version des ehemaligen japanischen Kaiserpalastes Katsura erscheint…Der Titel SEE SAW legt es nahe: Das „seen“, bleibt unerwähnt. Der Betrachter muss es selbst ergänzen und für sich finden. Denn jeder hat seinen eigenen Blick – auch auf das Wesentliche. Doch ein schöneres Angebot an Assoziationen wird genauso schwer zu finden sein wie das eigene Fahrrad auf dem chaotischen Fahrradparkplatz in Shanghai oder der richtige Holzlöffel in der kleinen Manufaktur in Marrakesch.