Shakespeare oder das Auge Gottes

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Die französische Philosophin Nicole Marchand beweist, dass Shakespeare in die uralte Lehre des Hermes Trismegistos, die im Europa der Renaissance wieder auflebte, eingeweiht gewesen sein muss. Er bezog seine künstlerischen und ethischen Maßstäbe, sein inneres „geistiges Auge“, aus eigenen hermetischen Erfahrungen. Damit blickte er in die Welt, damit konnte er klar zwischen Sein und Schein unterscheiden. Er beschrieb die prekäre Lage des Menschen zwischen dem vergänglichen kosmischen, okkulten oder menschlichen Bösen, und dem Drang, sein unvergängliches innerstes Wesen zu verwirklichen.

Shakespeare Dramen sind nichts anderes als getreue Widerspiegelungen der Dramen in der menschlichen Brust. Sie zeigen, wie das Böse zu überwinden un dder ursprüngliche, spirituelle Zustand des Menschen, in dem die „Rose unschuldsvoller Liebe an der Stirn “ (Hamlet) wieder erblüht, zu erlangen ist. Dabei sind die richtige Zusammenarbeit der Geschlechter, ein Wissen von der Einbettung des Menschen in den Kosmos und eine besondere Form der Magie: die rosenkreuzerische Magie, unerlässlich.
Erst aus dieser hermetischen Perspektive lässt sich die unvergleichliche Größe Shakespeares, der den ganzen Kosmos menschlicher Verirrungen und Möglichkeiten umfasst und darstellt, ermessen.