Slawische Spuren

im frühmittelalterlichen Baiern (Bagoaria)

von

Lange galt die Lehrmeinung, der slawische Siedlungsraum in Bayern und also auch das Auftreten von Ortsnamen slawischen Ursprungs beschränke sich auf Gebiete im Norden, mit der Folge, daß namenskundliche Forschung im übrigen Bayern slawische Ansätze völlig ausklammerte und in toponomastisch
schwierigen Fällen auch Rückgriffe auf erschlossene, nirgendwo belegte Personennamen und am Einzelfall konstruierte Wörter angenommenen althochdeutschen Ursprungs erfolgten. Ein Teil der Ursache dieser Fehlannahme im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert mag in ideologischen Erwägungen
fußen, ein Teil mag im Respekt vor den Werken der großen Vorreiter des Fachs liegen. Diesen Quellen toponomastischer Irrtümer forscht Johannes Hutter im vorliegenden Werk nach, um zu zeigen, daß auch im Raum Eichstätt und weiteren Regionen Oberbayerns Ortsnamen slawischen Ursprungs auftreten. Anhand zahlreicher urkundlicher und Quellen zur sorbischen Sprache und Namensforschung weist er die slawischen Wurzeln vieler vormals nicht oder nur gezwungen erklärbarer Orts-, Flur- und Flußnamen nach und zeigt toponomastische Parallelen zu jenen Regionen nicht nur Deutschlands auf, an deren slawischer Siedlungsgeschichte es nie Zweifel gab. Diese Parallelen bestehen nicht nur in gemeinsamen semantischen Merkmalen, beispielsweise in alten Rodungsgebieten, sondern erstrecken sich auch auf siedlungsgeschichtliche Gegebenheiten wie das Auftreten von rein slawischen, teilweise slawischen und ganz althochdeutschen Ortsnamen in großer räumlicher Nähe zueinander. Stets prüft er seine Ableitungen an der örtlichen Geographie: Althochdeutsche Sumpfwörter erscheinen in gebirgigen Gegenden, die Staunässe nicht erlauben, als Namenselemente weniger plausibel als Wörter slawischen Ursprungs, die sich auf die Rodung von Waldflächen beziehen. Auch der Besiedlungsrichtung spürt er nach, indem er „Schneisen“ slawischer Ortsnamen in Berührung zu seinem Hauptforschungsgebiet folgt, dem Eichstätter Raum, zu dem er in seinen Ausführungen immer wieder zurückkehrt. So zeichnet er ein neues, facettenreiches Bild des frühmittelalterlichen Deutschland, das die ethnische und kulturelle Vielfalt dieser veränderungsreichen Epoche beleuchtet.