solar plexy

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Die Grenze zum Perversen ist nicht leicht zu ziehen, heißt es in Nicolas Mahlers Gedichtband solar plexy. Gerade darin liegt auch der Reiz dieser poeto-erotischen Gratwanderung. Sexorgien feiert man ja bekanntlich lieber aus sicherer Entfernung. So erspart man sich einiges, was Mahler seinen Figuren nicht erspart: Bettunfälle, gepaart mit sexuellem Versagen am Wochenende, Ejakulationsversuche, die viel zu oft als olympische Disziplin verstanden werden, und sich beim Zungenkuss selbst auf die Zunge zu beißen ist natürlich besonders bitter. Manchmal ist es eben besser, sich der Wirklichkeit zu entziehen und potenten Jünglingen, künstlichen Gliedern und lüsternen Mädchen den Vortritt zu lassen, denn schließlich können wir nicht alle profi-bumser sein.

Nach dachbodenfund und in der isolierzelle, in denen sich Mahler erst Spielzeugauktionskatalogen, dann Hobby- und Technikmagazinen widmete, entstammen die Gedichte von solar plexy, dem finalen Band der Reihe, dem Sprachmaterial von Erotikzeitschriften. Dass das Vokabular des Erotikjargons zuweilen erheiternd, skurril oder einfach nur traurig sein kann, ist bekannt, dass man daraus aber etwas macht, dass all das zugleich ist und noch dazu poetisch, das ist ganz alleine die Leistung Mahlers, der diesen Gedichtband noch mit dreißig Aquarellen krönt.