Solidarität in Knappheit.

Zum Problem der Priorität. Hrsg. von Josef Isensee.

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Solidarität ist der ethische Grund einer Personenverbindung: daß einer für alle und alle für einen einstehen. Solidarität läßt sich realisieren in der Familie, in einem Zweckverband, im staatlichen Gemeinwesen, also in klar definierten Beziehungen, in personal, territorial oder gegenständlich begrenzter Verantwortung. Doch das christliche Gebot der Nächstenliebe macht nicht halt vor rechtlichen Grenzen, findet sich nicht ab mit sozialen Unterscheidungen. Der menschenrechtliche Universalismus der Gegenwart drängt auf die staat-transzendierende Solidarität einer Weltgesellschaft, strebt ins Weite und Grenzenlose, ins Menschheitlich-Allgemeine, in dem alle Menschen Brüder werden. Universale Solidarität droht sich ins Unverbindliche aufzulösen.

Als Maxime des praktischen Handelns gesehen, reibt sich die kosmopolitische Moral an den Strukturen des freiheitlichen Rechts, an den Erfordernissen rationaler Organisation, an den Bedingungen der Knappheit, unter denen Solidarität realisiert wird. Solidarität, die moralisch und rechtlich ernst genommen werden will, bedarf der Unterscheidungen, der Prioritäten, der Grenzen. Damit erheben sich Grundfragen der ethischen Bedingtheit des Rechts und nach der realen Bedingtheit des Ethos.

Das weite Feld der Probleme wird in den Abhandlungen dieses Bandes aus verschiedenen Blickwinkeln vermessen: theologischen und historischen, staatsphilosophischen und verfassungsrechtlichen, sozial-ethischen, sozialrechtlichen und sozialpolitischen.