Sprich oder stirb

Roman

von

An Dramatik nicht überbietbar, erst recht für einen Menschen der Sprache: Inmitten einer Kopfoperation wird der Patient aus der Narkose geweckt, und er muss – damit der Eingriff gelingt – um sein Leben reden. „Sprich oder stirb“, heißt der unbedingte Befehl, Wachkraniotomie nennt es die Medizin.
Virtuos portraitiert Jens Wonneberger einen Mann der wenigen Worte, der sich nun dem Erinnerungsstrom hingibt. Von der Kopffolter langsam genesend und seinerseits das Krankenhauspersonal ‚sezierend’, erzählt Wonnebergers Patient einen humorvollen wie tiefsinnigen Roman lang von seiner grußlosen Flucht aus der Reisegesellschaft in die Berge und von seinem Absturz. Schien ihm der Grund seiner Flucht anfänglich klar, wird er im Lauf der Zeit immer fragwürdiger. Ist er vor seiner Frau Sabine geflüchtet, die die Reise arrangierte, um die Ehe zu retten? Vor den Bildungsbürgern auf Goethes Spuren oder vor Frau Röhrlich, die ihn mit Schreibaufträgen – zum Geldverdienen – bedrängte?
Von körperlicher Tätigkeit und äußerem Einfluss separiert, kreisen seine Gedanken immer wieder um Sabine oder – so sagt er sich – „Denke ich nur so oft an sie, um nicht an mich denken zu müssen?“
In Wonnebergers neuem Roman wird die Aufforderung zum Sprechen zu einer Metapher für die Lebensnotwendigkeit des Erzählens, für den Sinn von Literatur.