Sternwerdungssage

Erzählung

von

Sie ist jung, Astronomin. Sie lebt in ihrem »großen Gutshaus auf der Griesenwarft, das am Ende seiner Kastanienallee mit dunklen Efeumauern über Watt und Wiesen sah«, zusammen mit Ole, dem Sanitäter, von dem sie ein Kind erwartet und den sie demnächst heiraten will. Sie ist auf der Suche nach Gottesbeweisen. Auf dem Hof hat sie ein »Deuskop« aufgebaut, ein teleskopartiges Gerät, mit dessen Hilfe Gott sichtbar gemacht werden soll. Sie hat Erfolg, die Zeitungen schreiben darüber. Das Dorf wird zur Attraktion für Schaulustige. Doch Gott zeigt sich nicht – und das Glück beginnt sich gegen ihr Haus zu wenden.

Ein Geheimnis umgibt die Prosawelt von Nikola Anne Mehlhorn. Wie in ihrem Debüt, der hochgelobten Erzählung »Brachmond«, hat Nikola Anne Mehlhorn hier eine märchenhaft-surreale Welt erschaffen. Die »Sternwerdungssage« ist gebaut wie ein Musikstück, mit unverwechselbarer Aura: verfremdet und rätselhaft, kunstvoll und erschreckend zugleich. Die sprachlich beeindruckende Ballade vom unglücklichen Mädchen und einem unabwendbaren Schicksal entpuppt sich als skurril-brutale Moritat der fehlgeschlagenen Assimilation von Juden in Deutschland.