Stifters Rosenhaus

Eine literarische Fiktion schreibt Architekturgeschichte Mit einem Vorwort von Wolfgang Voigt

von

1857 erschien der Roman »Der Nachsommer« des österreichischen Schriftstellers
Adalbert Stifter. Im Zentrum der biedermeierlichen Coming-of-Age-Erzählung steht
der jugendliche Naturforscher Heinrich Drendorf, der sich vor einem Gewitter in das
Landhaus des Freiherrn von Risach rettet. Weite Teile des Romans sind in der Folge
der Beschreibung des Hauses, das durch seinen überreichen Blumenschmuck
zumeist als Rosenhaus bezeichnet wird, gewidmet: Fast minutiös sind die einzelnen
Wohnräume, ihre Gestaltung und ihre jeweilige Einrichtung beschrieben. Diese
Schilderungen veranlassten in den vergangenen 150 Jahren die verschiedensten
Architekten dazu, mögliche Rekonstruktionen des Hauses zu entwerfen und zu der
von Stifter vermittelten Idealarchitektur Stellung zu beziehen. »Stifters Rosenhaus«
verfolgt diese Rezeption innerhalb der modernen Architekturgeschichte von ihren
Anfängen im Umfeld der Wiener Secession, über ihre Blütezeit in der Generation der
Werkbund-Väter und im Milieu der Stuttgarter Schule, bis zu ihrem Nachleben im
deutschen Architekturdiskurs der Spätmoderne. Stifters Roman wird damit als eine
der wirkmächtigsten Architekturerzählungen der Moderne wiederentdeckt.