Trocken, und nicht verdurstet

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Frank Binder ist seit dreizehn Jahren trocken. Als er damals eine Therapie der Entwöhnung in einer Suchtklinik beendete, stand er auf ebenso unsicheren Füßen wie andere seiner Schicksalsgefährten. Alkoholfrei leben, geht das überhaupt? Kann man mit Saft zu Silvester anstoßen? Es gab Momente, in denen diese Vorstellung als Fiktion und Hirngespinst erschien. Zumal sich trockene Trinker in einer Gesellschaft durchzusetzen haben, die fast jedem Umgang mit Alkohol das Wort redet, das Trinken großzügig toleriert, Alkoholiker aber ausgrenzt oder gar verachtet.

Ist es ein spektakuläres Ereignis oder etwa ein Skandal, wenn der Chef einer Suchtklinik selber süchtig ist? Kann man einem trockenen Trinker eine Fluglizenz erteilen und ihn mit einer Cessna allein in die Lüfte aufsteigen lassen? Den einen erscheint das unfassbar, für andere ist das normal, weil Abhängige normale Menschen bleiben.

Bei Binder wie bei anderen Betroffenen blieb die stille Hoffnung, dass Suchtforscher eine Wunderpille gegen die Versuchung Alkohol oder als Bremse für maßvolles Trinken erfinden mögen. Irrtum. Würmer, Fruchtfliegen und Mäuse sind für die Forschung bevorzugte Versuchsobjekte. Bisher sind keine epochalen Ergebnisse zu verzeichnen. Menschen sind halt keine Würmer. Also bleibt die Verantwortung kompetenten Therapeuten bei der Behandlung der Sucht überlassen.

Das Buch soll alles andere als ein Ratgeber sein. Es soll Verständnis für diese andere Krankheit fördern. Es soll Abhängige zum Nachdenken anregen und Mut machen. In den authentischen Geschichten finden sich zumindest Markierungen, eigene Pfade in die Abstinenz zu finden.