Tucholsky: Gesamtausgabe Texte und Briefe

Texte 1928

von

«Die deutsche Revolution hat im Saale stattgefunden», schreibt Kurt Tucholsky 1928 im Rückblick auf zehn Jahre Republik. Er zieht eine ernüchternde Bilanz: Die Stresemann’sche Politik einer deutsch-französischen Verständigung stagniert, in Deutschland erstarken Nationalismus und Revanchegeist. Der Panzerkreuzerbau wird bewilligt, die im Reichstag beratene Strafrechtsreform scheint auf die Beibehaltung der Todesstrafe, des Abtreibungsparagraphen und der Verschärfung des Landesverratsparagraphen hinauszulaufen. Und all dies mit Hilfe der stets kompromissbereiten Sozialdemokratie, wie Tucholsky anzuprangern nicht müde wird. In der kommunistischen Arbeiter Illustrierten Zeitung schlägt er schärfere Töne an, was ihm ein Ermittlungsverfahren wegen Gotteslästerung beschert.
In der Weltbühne widmet er sich weiterhin den Themen Justiz und Militarisierung der Polizei, dort formuliert er grundsätzliche Positionen seines radikalen Pazifismus.
Die Vossische Zeitung bleibt das Organ, in dem er von Paris aus an seinem Programm der deutsch-französischen Verständigung weiterschreibt.
Im November 1928 erscheint bei Rowohlt der zweite Sammelband «Das Lächeln der Mona Lisa».