…Und unsere Fahn‘ ist rot

von

Oskar Hippe war einer von Vielen. Einer von Millionen Arbeiter*innen, die für die sozialistische Revolution kämpften – egal, ob gegen Fürst und Kaiser, gegen die Weimarer Industriellenverbände, gegen die deutschen Faschisten, den Stalinismus oder das BRD-Kapital. Er war einer der Vielen, die bereit waren, ihr Leben auf‘s Spiel zu setzen. Doch Oskar Hippe überlebte die faschistischen Folterkeller und die Kerker der Bürokratie nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, so unwahrscheinlich es auch erscheinen mag. Und das ist unser Glück. Denn was Hippe von vielen anderen Menschen unterscheidet ist, dass er dem revolutionären Marxismus treu blieb und seine Überzeugung für nichts auf der Welt verriet. Eher wollte er den Freitod in der Gefängniszelle wählen, was ihm aber nicht gelang. Und so konnte er in den 70er Jahren seine Erinnerungen aufschreiben. Er tut das ohne Schnörkel und Verzierungen, er war kein Journalist oder Schriftsteller. Er war ein Angehöriger seiner Klasse, Metallarbeiter und Organisator der proletarischen Bewegung. Der Kampf war hart und das spiegelt sich in seinen Zeilen. Doch durch sie scheint auch die grundlegende Menschlichkeit, die ihn nicht die Hoffnung hat verlieren lassen. Er schreibt mit Mitgefühl über das harte Leben, das seine Mutter als Arbeiterin erleiden musste und voller Zärtlichkeit über seine Kampfgenossin und Partnerin, mit der er die Stürme des letzten Jahrhunderts durchquerte. Was uns mit seinen Erinnerungen bleibt, ist ein Beispiel dafür, dass wir kämpfen müssen – aber auch, dass wir kämpfen können, so aussichtslos
die Lage auch erscheint. Seine Autobiographie ist zurückhaltend, was seine eigene Person angeht, aber spart dafür nicht an politischer Analyse. Diese war für Hippe und ist für die kommenden Generationen notwendig, um zu verstehen, wie es zu bestimmten Entwicklungen kommen konnte. Und sie ist unabdingbar, um zu verhindern, dass sich Dinge wiederholen. Denn letztendlich kann man ohne eine grundlegende marxistische Sichtweise keine revolutionäre Politik erarbeiten. Hippe spart nicht mit Kritik an seinen Zeitgenoss*innen, aber sie ist nie überheblich, sondern scharf und klar. Er äußert sie nicht zur Verspottung seines politischen Gegners, sondern um zu überzeugen. In ihrem Vorwort machen Lucy Redler und Steve Hollasky deutlich, welches Erbe wir mit diesem Buch in den Händen halten und warum gerade eine Veröffentlichung im 100. Jahr der Novemberrevolution, deren aktiver Teilnehmer Oskar Hippe war, so notwendig erscheint.