Unter Sternschnuppen

und andere Geschichten

von

Judith, nicht mehr Mädchen, noch nicht Frau, hat sich in den Bergen verstiegen und muss eine kalte Augustnacht lang auf einem schmalen Felsband ausharren. Mit diesem eindrücklichen Bild von Verlorenheit beginnt die Titelgeschichte ›Unter Sternschnuppen‹, die den Entwicklungsweg einer Antiheldin durchs Gestrüpp ihrer Gefühle, Bindungen und Wünsche nachzeichnet.
In einer kraftvollen, sinnlichen Sprache erzählt Bea Schilling vom schwierigen Gelände der Liebe, von erträumten und enttäuschten, von zerstörerischen und lebenswichtigen Beziehungen. Ihren sieben Erzählungen ist gemeinsam, dass sie von Sehnsucht handeln und gleichzeitig in einer bodenständigen Realität wurzeln. Einige lassen Welten aufleuchten, die abseits des literarisch Gängigen liegen, zum Beispiel den archaischen Lebensraum der Alpen, in dem sich die Dramen von Mensch und Tier als vorübergehende Irritationen abzeichnen. Genauso zupackend und mit Sinn fürs Detail holt die Autorin aus dem Kleinbürgertum der Fünfziger- und Sechzigerjahre Konturen und Farbe hervor, begleitet sie die Protagonistin von ›Unter Sternschnuppen‹ in die städtische Bohème, folgt sie in ›Jules und Jacques‹ der Aussteigergeneration auf ein Gehöft in Frankreich oder zeichnet sie in ›Grosser Bär am Himmel‹ das Porträt der älteren Frau aus einem städtischen Aussenquartier, die sich in einen jungen Asylbewerber verliebt. Allen Figuren gemeinsam ist der Hunger nach Leben, das manchmal süss, manchmal aber auch heimtückisch bitter gewürzt ist. So strahlen die Texte in ihrer ungewöhnlichen Mischung von Feinsinn, Schliff und Unbehauenheit eines aus: eine grundsätzliche, ursprüngliche Vitalität.