»Uraho?« – Wörtlich übersetzt bedeutet diese in Ruanda verbreitete Grußformel »Bist du noch am Leben?«, wird
aber im Alltag eher als ein harmloses »Na, wie geht‘s?« verwendet. Als im Sommer 1994 der Genozid an der Tutsi-Minderheit beginnt, dem am Ende knapp eine Million Menschen zum Opfer fallen sollen, nimmt dieser Gruß eine ganz besondere Bedeutung an …
Huguette de Broqueville, deren Bruder zur Zeit des Genozids in Ruanda als »Père Blanc« wirkt, schildert schwer in
Worte zufassende Vorgänge, die Einblicke in die Psyche von Mördern und Opfern gleichermaßen gewähren, und beunruhigende Fragen nach dem in jedem von uns schlummernden Gewaltpotential aufwerfen, nach der Wahlfreiheit, Gutes
oder Böses tun zu können, aber auch nach der Rolle des Glaubens im christlich geprägten Ruanda.
Ist dies ein Roman? Ein Essay? Eine Reportage? Am Ende ist es eine Mischung: Wir laufen mit Huguette de Broqueville
über die Straßen Ruandas und betreten die Hütten seiner Bewohner. Wir beobachten die Mörder, stehen neben den
Kindern, denen man gerade die Arme und die Beine abgehackt hat, neben den Priestern, bei denen man noch am
Morgen die Beichte abgelegt hat und denen man am Abend die Kehle aufschlitzt. Wir können dabei zusehen, wie sich
ein Volk von Folterknechten erhebt – und erkennen, dass diese Folterknechte Menschen sind wie du und ich.
Ein literarisch außergewöhnliches und emotional aufrüttelndes Werk der ehemaligen belgischen PEN-Präsidentin,
ausgezeichnet mit zwei bedeutenden Preisen.
- Veröffentlicht am Samstag 31. Oktober 2020 von Patrimonium
- ISBN: 9783864171437
- 180 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählungen, Historische Romane