Eckhard Mieder, vielseitig bewandert im eigentlichen wie im übertragenen Sinne, dichtet so vor sich hin. Scheinbar zufällig die Themen wie deren Reihenfolge. Und vielleicht führt Zufall tatsächlich Regie, doch das ist bei Mieder nicht anzunehmen. Es ist schon alles sehr kontrolliert und sortiert, auch wenn der rote Faden, der sich durch die Zeilen zieht, nur schwer erkennbar ist. Die hochgradige Verunsicherung ist nur schwach zu spüren, das Schwanken des Grundes, auf dem Mieder steht und seine Beobachtungen macht, kaum wahrnehmbar.
Deleatur hieß das alte Korrekturzeichen, das auf der Druckfahne vermerkt wurde, damit der Setzer wusste, wenn ein Buchstabe, ein Wort oder eine ganze Passage gestrichen werden sollte. Es möge getilgt oder beseitigt werden, hieß das auf Latein: deleatur. Heute drückt man auf die Reset-Taste, um alles zu löschen und neu zu beginnen. Mieder versieht manche Verrichtung oder Beobachtung mit diesem Zeichen, obgleich dies überflüssig ist: Die Sache hat sich bereits abgeschafft, ist getilgt, und lebt nur noch in einem Text.
- Veröffentlicht am Montag 23. November 2020 von edition ost
- ISBN: 9783947094783
- 112 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik