Verteufeltes Theater

Ein Faust-Roman

von

Ein deutsches Provinztheater, Anfang des 20. Jahrhunderts; auf dem Programm steht Goethes Faust. Der Abend aber gerät von Anfang an aus dem Takt: Warum nur streut der Darsteller des Mephisto ganz eigene Verse ein – und wer ist überhaupt dieser fremde Schauspieler, der den plötzlich erkrankten Bühnen-Teufel vertritt? Und was hat es mit jenem Herrn im dunklen Gewand auf sich, ein Priester und Jesuit womöglich, der Schauspielern und Theaterdirektor zur Seite springt und dessen geistlicher Rat die großen Fragen der Welt auf seltsam zweideutige Weise löst? Treibt hier – so ahnt der Leser – am Ende gar der Leibhaftige sein Spiel im Spiel?

Im Faust-Jahr, zur 200. Wiederkehr der Uraufführung, erscheint der lange vergessene Theater-, Faust- und Mephisto-Roman des Alexander Moritz Frey endlich in einer Neuausgabe. Frey gelingt es darin, seine Figuren – hypernervöse Schauspieler, einen geltungssüchtigen Theaterdirektor, einen Theatermann aus Berlin, unbedarfte Zuschauerinnen und diverse Komparsen – in der Schwebe zu halten zwischen Realismus und satirischer Zuspitzung. Im Zentrum jedoch steht der große Rätselhafte, der unerkannte Teufel im Priesterkleid, ein wortgewandter Intellektueller, der nur vermeintlich stets das Gute will. Ein geistreiches Spiel – und ein großes Lesevergnügen, nicht nur für Faust-Kenner.