Vineta 1985/1990

von

Andreas Trogisch fotografiert. Seit 35 Jahren oder länger schon. Lange wussten das nur wenige. Bis vor ein paar Jahren die ersten Fotomappen mit seinen Bildern auftauchten. ›Magico‹, ›Desiderata‹ … Die kleinen Auflagen waren schnell weg. Was blieb, war die Gewissheit, einen Bildermagier entdeckt zu haben. Was kam, war REPLIES, das große Buch zur phantastischen Bilderwelt des Andreas Trogisch. Jetzt ist Trogisch ein weiteres Mal in den Steinbruch seines Archivs gestiegen und hat einen ganz dicken Brocken abgebaut. VINETA. Das Buch verbindet zwei Serien, die kurz vor und kurz nach dem Fall der Mauer in den Straßen Ost-Berlins entstanden sind. Portraits von 1985, Kinder, die ernst und unsicher in die Kamera blicken, Jugendliche, die noch etwas vorhaben, aber was eigentlich?, Männer und Frauen, die sich der Tristesse gebeugt haben, verzagte, enttäuschte und zornige Alte. Lähmende Agonie. Und dann die menschenleeren Stadtlandschaften von 1990. Es ist die Ruhe nach und vor dem Sturm. Sinnlos gewordene Reklame, ausrangierte Haushaltsgeräte, Fassaden und Fahrzeuge ohne Zukunft. Etwas ist zu Ende, das Neue hat noch nicht begonnen, wie es sein wird ist ungewiss. Aber Trogisch hat hier nicht einfach den Untergang der DDR dokumentiert. VINETA ist eine bildgewaltige Parabel über fortwährende, unaufhaltsame gesellschaftliche Entwicklungs- und Veränderungsprozesse, die von den meisten Menschen wenig beeinflusst aber dennoch bewältigt oder mindestens ertragen werden müssen. Hier in Europa erleben wir das gerade wieder hautnah.