Von der Unmöglichkeit die richtige Entscheidung zu treffen

Hilfe für verfolgte Juden im deutsch besetzen Litauen 1941–1944

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Als die deutsche Wehrmacht Wilna erreichte, lebte der vierzigjährige Juozas Rutkauskas unauffällig und allein in der Stadt. Sein Ruf war tadellos, die deutschen Besatzer vertrauten ihm und übertrugen ihm die Leitung eines Büros für Melde- und Passangelegenheiten. Man hielt ihn für einen Gewinner der neuen politischen Zustände. Er tat nichts, um an diesem Bild etwas zu ändern.
Die Massaker an den Juden wurden in aller Offenheit vor den Augen der Stadtbewohner durchgeführt, die Wege zur Erschießung in Paneriai waren allen bekannt. Juozas Rutkauskas aber besaß Zugang zu wichtigen Unterlagen, mit denen er neue Identitäten erschaffen konnte. Daher wartete er nicht, bis die Menschen auf ihn zukamen, sondern sprach sie auf dem Weg zwischen ihren Zwangsarbeitsstätten und dem Ghetto direkt an. Bis zu seiner Enttarnung 1944 verhalf er schätzungsweise 150 Menschen mit neuen Pässen zur Flucht vor nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung.
Während ein Teil der Landesbevölkerung mit den deutschen Besatzern kollaborierte und ein anderer Teil unbeteiligt blieb, gab es also auch eine Reihe nichtjüdischer Einwohner Litauens, die sich den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung entgegenstellten und Leben retteten. Im jüngsten Band der Gedenkstätte Stille Helden werden zwölf Geschichten von Kompromissen, Opferbereitschaft und Selbstaufgabe berichtet, darunter die des japanischen Konsuls Chiune Sugihara, der ohne Zustimmung seiner Regierung Visa für Japan ausstellte, jene von den deutschen Rettern Major Karl Plagge und Feldwebel Anton Schmidt oder die von schweigsamen litauischen Frauen in Kinderheimen und Klöstern.