Von Honig und Absinth

Roman

von

Als Léna das Museum verließ, war es gerade Mittag. Sie staunte über die Sonne, die die Eingangstreppe und den
Platz davor mit ihrem scheuen Winterlicht verwandelt hatte. Der Schnee glänzte und glitzerte. Weit über den Gärten ragte
die Turmspitze des Rathauses in einen stahlklaren Himmel empor. Sie dachte an den feuchten, schmutzigen Nebel, an
den falben Morgenhimmel, als sie in der Früh den Rosengarten durchquert hatte. Sie hätte ihn lieber meiden sollen.
Sie hasste die makabre Erscheinung der in Jute verpackten Rosenstöcke, sie erinnerten sie an einen Friedhof oder an
schaurige Szenen eines »Film noir«. An jenem Morgen hatte sich ein scharfes Bild aufgedrängt, eine seltsame Assoziation:
das Gesicht Yves Montands in dem Film von Costa-Gavras, die Hände gebunden, die Augen geblendet, den Strick um
den Hals. Alles schwarz-weiß.