Von Neuem

Die Kärntner Slowenen unter der britischen Besatzungsmacht nach 1945. Zeitzeugen, Beiträge und Berichte

von

‚Als wir nach Kriegsende nach Hause zurückkehrten, konnten wir uns nicht einmal erträumen, was uns noch alles erwartet, insbesondere uns ehemalige Partisanen, die wir mit der Waffe in der Hand Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet haben. Wir waren überzeugt, dass es nach dem Krieg keine Unterdrückung, Verfolgung und Zurücksetzung der Slowenen mehr geben wird, dass die Vorkriegszeit und die Kriegszeit nicht wiederkommen werden. Doch schon einige Monate nach der Befreiung, also gegen Ende 1945 und später, haben wir erkannt, dass dem nicht so ist.‘
Das sind die Einführungsworte von Lipej Kolenik, einem Vertreter der Kärntner Partisanengeneration, welche die Befreiung als Befriedigung und auch als eine Folge des eigenen Engagements erlebte. Das glückliche Siegesgefühl, die Hingabe für die Bemühungen, Südkärnten an Jugoslawien anzuschließen, oder einfach die Befriedigung darüber, dass das menschenverachtende Regime vernichtet wurde, all das währte nur kurz. An die Stelle des Krieges der Alliierten gegen das Deutsche Reich trat der Kalte Krieg unter den Verbündeten, und daran war eine ganze Kette von Geschehnisse und Situationen geknüpft, welche man als politischen, kulturellen und ideologischen roll-back sowohl in den Beziehungen zwischen der slowenischen und der Mehrheitsbevölkerung in Kärnten als auch unter den Slowenen selbst bezeichnen kann:

Exkommunikation der OF-Angehörigen (Osvobodilna fronta – Befreiungsfront) aus der katholischen Gemeinschaft, dann Ausschluss aus der Kommunistischen Partei, Zerschlagung der Struktureneinheit der Kärntner Slowenen unter Einflussnahme der Immigranten aus Jugoslawien, Spaltung der politischen Bewegung, Wiederbelebung der antislowenischen Strukturen und Wiedereinsetzung des alten deutschnationalen Personals in Ämtern, Schulen usw., Verächtlichmachen des Partisanenkampfes und Verdrängung dessen aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit – all das wird in diesem Buch durch das persönliche Erleben von ca. zwanzig Zeitzeugen (Marko Dumpelnik, Franc Hafner, Lipej Kolenik, Blaž Kordež, Lenčka Kralj, Peter Kuhar, Danilo Kupper, Kristi Lajčahar, Marija Lienhard, Janko Messner, Janez Milač, Mira Prušnik, Marija Smrečnik, Albert Smrečnik, Leopold Smrečnik, Karl Štorman, Lubo Urbajs, Janez Wutte – Luc, Marija Žele, Apolonija Žmavcer) wiedergegeben; ihre Erzählungen sind eine Art Gedächtnisprotokoll einer Kärntner Ära, als das Alte wiedergeboren wurde und als klar wurde, dass jene, die sich für die Gleichberechtigung einsetzten, von Neuem mit alten Herausforderungen konfrontiert waren.
Den größten Teil der Erzählungen hat Lipej Kolenik gesammelt und niedergeschrieben – auch er selbst hat einen Text beigetragen –, drei Erzählungen wurden von Jože Rovšek und Maria Milač protokolliert. Die erste Revision der Texte machte Jože Rovšek, danach hat sie Mirko Messner bearbeitet und redigiert (wie auch schon Koleniks erstes Buch Mali ljudje na veliki poti (Drava 2003).
Die Kärntner Historikerin Brigitte Entner hat den Artikel ‚Zwischen Integration und Ausgrenzung. Die Kärntner SlowenInnen und die britische Besatzungspolitik bis zu den Novemberwahlen 1945‘ beigetragen, den abschließenden Teil des Buches bildet die Berichterstattung aus der Wochenzeitung Slovenski vestnik zwischen 1946 bis 1953 zum Thema.