Vor der Reise

Erinnerungen an Bernward Vesper

von

Anfang der sechziger Jahre besuchten Bernward Vesper und Henner Voss gemeinsam die Buchhändlerschule in Rodenkirchen bei Köln. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die bis Januar 1965 anhält.
Oszillierend zwischen Heiterkeit und Verstimmung memoriert Henner Voss die Zeit in Rodenkirchen, die Besuche Bernward Vespers bei seinen Eltern in Remscheid, bei Luchterhand und der szene 60 in Neuwied und das Zusammenleben in Rreuzberg, wo Vesper und Gudrun Ensslin der Verlag Studio neue literatur betreiben, und Voss seinen Freund, den mit Gradlinigkeit nur eine flüchtige Bekanntschaft verband, aus nächster Nähe kennenlernt.
Henner Voss liefert kein detachiertes Psychogramm, sondern small-talk, elegische Reminiszenzen, Detailaufnahmen von Bernward Vesper, Sohn des Nazi-Dichters Will Vesper, seiner Deprivation, Egomanie und der rücksichtslosen Intensität, mit der er literarisch und verlegerisch zu arrivieren bemüht war, Flashbacks aus einer Zeit der Ungeduld und Auflehnung in einer von restau- rativen Massenchören eingestimmten Republik.
1971 nahm sich Bernward Vesper das Leben und hinterließ das Manuskript des autobiographischen Romanfragments Die Reise, das 1977 von Jörg Schröder im März Verlag herausgegeben, von der Kritik als wichtigste literarische Neuerscheinung des Jahres aufgenommen wurde und in mehr als zwanzig Auflagen erschien.