WEGMARKEN. Lebenswege und geistige Landschaften

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von

Hast Du vom Kahlenberg die Stadt dir nur besehn, so wirst du, was ich schrieb und was ich bin, verstehn!

so lautet ein Aphorismus des Wiener Satirikers
Karl Kraus (1874 – 1936) in Abwandlung eines Wortes von Grillparzer. Der Herausgeber der
satirischen Zeitschrift Die Fackel gilt als einer der schärfsten Kritiker der Wiener Gemütlichkeit.
Die Familie Kraus stammte ursprünglich aus Böhmen, doch kam Karl schon im Alter von drei Jahren in die Hauptstadt der k.u.k.-Monarchie.
Ein Leben lang hat Kraus sich an seiner Heimatstadt abgearbeitet. Sie ist die wahre Gegenspielerin, an der sich so oft der satirische Ausbruch entzündet hat. Ohne Kenntnis der
speziellen Beziehung, die Kraus mit seiner Heimatstadt verband, und ohne Wissen um die Besonderheiten der Wiener Verhältnisse zu jener und zu unserer Zeit, ist sein Werk nur schwer
verständlich, seine Satiren nur schwer nachvollziehbar. Zu schnell verblasst der zeitgeschichtliche Hintergrund der Satire.
Kraus starb 1936, zwei Jahre vor dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland in Wien, aus dem er hätte flüchten müssen. Doch ohne den Mikrokosmos Wien,
in dem die große Welt ihre Probe hält, wäre der Satiriker Kraus nicht vorstellbar.