Wendy fährt nach Mexiko

von

Mindestens eine Generation Mädchen ist mit der adretten und ehr-geizigen Reithoftochter Wendy aufgewachsen. Diese Comic-Figur, Inbegriff strahlender Mittelmäßigkeit und philiströser Entsprechung, dient als Folie für eine Reise- und Liebeserzählung, die ihre Leser in Zonen emotionaler wie sozialer Eskalation einer Mega-Metropole führt. So wie in Mexiko manche Häuser aus mit Müll und Lehm befüllten Plastikflaschen gebaut werden, „upcycled“ Natascha Gangl Liedtextzeilen aus Rancheras und Reklameparolen und webt die Fundstücke des fremden Sprachraums in eine Textur von höchster metaphorischer Dichte ein. Durch vertraute Oberflächen einer vom Kommerz geprägten Hybrid-Kultur dringen archaische wie christlich-bizarre Blut-Obsessionen und Leidens-Phantasmata, welche die Weltsicht der Reiterin durchwirbeln. Deren Sehnsucht, die Distanz zu den verstorbenen Lieben aufzuheben, öffnet Gedankenschleusen zu einer flirrenden, von Traumlogik und animistischer Zauberei geprägten Zwischenwelt. Natascha Gangls Buchdebüt bewegt sich in atemberaubender Gewandtheit zwischen irrlichternder Exotik und lakonischer Präzision.