Wenn – aber dann

Vorletzte Gedichte

von

Wer etwa meint, daß die zeitgenössische Poesie keine direkt zu Ohren gehenden Wahrsprüche mehr in die Welt entließe, kann sich hörbar eines anderen belehren lassen. Peter Rühmkorfs neuer Lyrikband führt sich nicht gerade als unfrohe Botschaft ein. Die bühnen- bis büchmannreifen Schmetterbälle hallen nach wie vor, und seinem geselligen Witz wie seiner sinnlichen Frische ist nichts anzuhaben. Der kühn auf Entscheidung drängende Schmiß hat Programm, wobei jedes Gedicht die Probe aufs Exempel von neuem versucht.
«Könnt ihr, ohne nachzuäffen, / auf den Punkt den Lichtblick treffen», heißt es mit einem satirischen Seitenhieb auf die Anythinggoes-Moderne, «der wo alles fließt und treibt, / als Verheißung haften bleibt?!»
Am erstaunlichsten scheint dabei, daß ein erklärter Wortvirtuose es offenbar gar nicht so sehr auf die weitere Verfeinerung seiner Ausdrucksmittel angelegt hat – Verwandlung und Vereinfachung heißen die Zauberwörter. Dazu hat der Dichter sich nicht unbedingt umkrempeln müssen. Im sicheren Besitz aller technischen Fertigkeiten, hat er sich eine Lust aus dem Risiko gemacht, die vertrauten Strophenformen unvermutet aufzulockern und sich mit ungeniert hingeschlenkerten Capriccios oder scheinbar kinderleichten Bagatellen einen neuen Spielraum zu erobern.