Karl Jaspers (siehe vor allem seine Kurzschrift Nietzsche und das Christentum) betonte, dass Nietzsche sich dauernd widersprechen würde, dass seine Denkansätze niemals jene Ruhe erlangen, die das Auffinden einer Wahrheit gewähren, sich niemals jene Entspannung einstellt, die das Erlangen eines Zieles einem gibt. Ein allerletztes Wort ward niemals ausgesprochen in seinen Werken. Jemand der mit entsprechender Aufmerksamkeit seine Texte studiert, wird die beunruhigende Erfahrung machen, die sich aus dem Gegensatz zwischen apodiktischen, leidenschaftlichen Aussagen und der unermüdlichen Erforschung neuer Möglichkeiten ergibt, die zwangsläufig zur Übertrumpfung der vorangehenden Position führt. Was das Christentum betrifft, lässt Jaspers gelten, dass die negativen, vehement kritischen Aussagen überwiegen, und zwar dermaßen, dass die positiven dazu übersehen werden könnten. Trotzdem wird Jaspers daran festhalten, dass Nietzsches erklärte Feindschaft dem Christentum gegenüber das Risiko birgt, unseren Blicken jene Antriebe seiner Gedankenwelt zu verbergen, deren letztendliche Quellen in einer Tradition liegen, die ihren Ursprung in den Taten und Lehren Jesus‘ haben. Nietzsches Bemühungen zielten auf die Überwindung des historischen Christentums, allerdings ausgehend von Themen, deren Ursprung gerade christliches Gedankengut ist. Indem die Inhalte des tradierten Glaubens der kirchlichen Instanzen abgelehnt werden – das Sein Gottes, die Unsterblichkeit der Seele, die Autorität der Bibel – hätte Nietzsche das Christentum „nur als menschliche, in Symbolen ausgedrückte Wahrheit“ anerkannt.
Auszug aus
Mircea Flonta: Pozitia lui Nietzsche fata de crestinism /
/ Nietzsches Haltung gegenüber dem Christentum
Übersetzung: WaRo-Verlag
- Veröffentlicht am Freitag 26. Januar 2007 von WaRo-Verlag Heidelberg
- ISBN: 9783938344163
- 88 Seiten
- Genre: Belletristik, Dramatik