Im 6. „Zeitzünder“ sind ungemein kräftige Mundartgedichte des grossen, im Januar 2001 gestorbenen Obwaldner Poeten Julian Dillier zu finden, die unter dem Titel „Gredund anderi niwi Gedicht“ zusammengefasst sind und von Stammtischhelden berichten, die vor allem über Asylanten und Fremde schimpfen. Ganz anders wieder die Lyrik des jungen Aargauers italienischer Herkunft, Virgilio Masciadri. Er bringt ungeheuer viel Bildung und Wissen in seine Gedichte ein – jedoch mit einer poetischen Intensität, die fern langweiliger Gedankenpoesie beheimatet ist und deutlich macht: Hier betritt einer die lyrische Bühne, die mit Gewissheit keine Eintagsfliege bleiben wird. Das gilt auch für den Ostschweizer (und bekannten Organisten) Erwin Messmer. Politischer Mensch wie Dillier, beschwört er Kaputtes und Schönes, ironisiert, spart aus, kritisiert, hebt in den Himmerl und schmeisst zur Erde – und schreibt letztlich einfach Gedichte, die wirklich Gedichte sind. Das Schlussstück des faszinierenden Buches bestreitet Alex Sadkowsky, dessen Bilder und Radierungen keiner grossen Lobpreisung bedürfen und der nicht nur ein grossartiger Maler, sondern ebenso ein verflixt eigenständiger Poet ist. Wer seine Gedichte liest, meint desöftern, so, jetzt weiss ich, was dieser Dichter ausdrücken will, aber im nächsten Augenblick entziehen sich seine Texte mit einem listigen Purzelbaum und werden zu sadkowskyschen Wolken, die über unsern Köpfen wunderschön dahinziehn.
- Veröffentlicht am Dienstag 20. Oktober 1992 von Orte Verlag
- ISBN: 9783858300621
- 192 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik