Zum Licht sich gesehnt

"Mose" und andere Judaica

von

“’Mose‘ ist die grandioseste Figur der alten Geschichte der Menschheit“, bemerkte Ivan Franko im Vorwort zur russischen Übersetzung seines „Mose“ 1913, „eine Figur, umgeben von einer solchen Vielheit von tiefen, wahrhaft und oft erstaunlichen Einzelheiten, dass sie, wenn nicht für den Historiker, so doch in äußerstem Maß für die menschliche Phantasie und für seine dichterische Abbildung, eine unerschöpfliche Quelle an Themen und Anregungen darstellt.“ Dazu gibt es natürlich sehr viel Literatur, und Jan Assmanns Schriften sind hierzu besonders lesenswert. Im „Vorwort zur zweiten Auflage des Poems“ – Mose“ (1905, hier Seite 76ff.) – deklariert Ivan Franko offen das Ausmaß seiner künstlerischen Freiheit: „Zum Hauptthema des Poems machte ich den Tod des Mose als einen von seinem Volk nicht anerkannten Propheten.“ (hier Seite 77) Diese Darstellung widerspricht selbstverständlich ganz klar dem biblischen Text und der gesamten jüdischen Tradition, denn es heißt ja bekanntlich: „Und die Kinder Israel beweinten Mose im Gefilde der Moabiter dreißig Tage; und es wurden vollendet die Tage des Weinens und Klagens über Mose“. – „Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den der Herr erkannt hätte von Angesicht zu Angesicht“ (5 Mose 34,8 u. 10 nach Martin Luther). So gesehen stellt Ivan Frankos „Mose“ natürlich nicht nur eine makabre Perversion des biblischen Mose dar, sondern auch bestimmt kein gutes Omen für einen „Mose in der Ukraine“.