Zwei tauschen ihren Schatten im Beisein eines dritten

Band II

von

Januar 1945 – umrahmt vom Kriegsgeschehen, fokussiert auf Liebessehnsucht, Zukunftsträume, Schwäche neben heroischer Größe, Glück und Chuzpe, Freundschaft bis fast in den Tod – breitet der Autor ein Menschheitspanorama eben dieser Leidenschaften aus. Er führt zusammen, was scheinbar nicht zusammen paßt – einen Juden, der das nicht sein will, einen Kommunisten, der nicht weiß, was er ist, einen abtrünnigen NKWD-General, der sie beschützt. Und nicht zuletzt das weibliche Element, die schöne Unberührbare, Nastassja, die vermeintliche oder tatsäch-liche Hure Ljubow, genannt die Rote Fee, und die verloren geglaubte Julija. Im Liebeschaos der Irrungen und Wirrun-gen gewinnt umso zielgerichteter ein aberwitzig scheinender Plan Kontur: die Flucht von 400 sowjetischen Juden nach Kriegsende vom Territorium der SBZ ins Gelobte Land.
Für die tragisch-heitere Schicksalsmelodie, welche diesen Roman zu einer allumfassenden Symphonie des Lebens macht, gibt es ein offenes und ein verdecktes Libretto. Auf den ersten Blick ersichtlich wird hier Weltliteratur nicht nur geschrieben, sondern auch genußvoll zitiert: Die Bibel (wie billig), das Decamerone (natürlich), Dante (notwendigerweise), Shakespeare (immer), Tolstoi, Dostojewski, Solschenizyn (Russland) und nicht zuletzt
Grass (für alles zusammen).
Als heimlicher Kontrapunkt umspielt eine überwiegend nur fein zu erspürende, manchmal dafür derb-heftig auftrumpfende Ironie das Hauptthema, gespeist aus den großen satirischen Schelmenromanen vom Narrenschiff
bis zum braven Schwejk.