Wer sich ein Buch von Julian Fellowes zulegt, weiß, was ihn erwartet: Irrungen und Wirrungen in höchsten englischen Adelskreisen. Der Autor, der mit der Serie „Downton Abbey“ weltberühmt wurde, die eben auch genau dies zum Thema hatte, scheint sich dort auszukennen und wohlzufühlen.
„Downton Abbey“ hat mich begeistert – und nicht nur mich, selbst mein Mann hat sich Folge für Folge freiwillig und interessiert angesehen. Da lag es nahe, sich auch Fellowes‘ Bücher anzuschauen. „Snobs“ und „Eine Klasse für sich“ hielten, was sie versprachen. Gut geschriebene Romane mit ein bisschen Herz- und Weltschmerz und genauen Beschreibungen der Gepflogenheiten des britischen Hochadels. Das war amüsant zu lesen, weil mit leichter, aber erfahrener Feder geschrieben.
In „Belgravia“ nun, dem neuesten Roman des Autors, geht es um Anne und James Trenchard, dem Großbürgertum angehörend. Ihre Tochter Sophia verliebt sich in Edward, den kommenden Lord Bellasis. Und es geht um Lady Brockenhurst, Edwards Mutter, die erst nach Jahren von dieser Liaison erfährt und trotzdem Grund hat zu handeln. Mehr möchte ich gar nicht verraten, denn die Richtung, die die Geschichte nimmt, ist schon sehr früh klar.
Auch diesmal ist der Roman durchaus gut geschrieben und alle Bausteine der Fellowes’schen Gedankenwelt sind vorhanden: in ihrer Welt gefangene Adelige, titelsüchtige Verwandte, zickige Zofen… Aber allzu beliebig ist Konstruktion dieses Mal. So vorhersehbar, dass man nach dem ersten Drittel des Buches beginnt, leise zu gähnen und sich zu wünschen, die Protagonisten wären etwas weniger kompliziert und dafür etwas zupackender. Bedauerlicherweise ist auch der strahlende Held Charles Pope -wer das ist und woher er in den Roman kommt, verrate ich nicht – ausschließlich strahlend. Er ist ein lieber, tüchtiger Junge ohne dunkle Seiten und somit die blasseste Gestalt im ganzen Buch. Und so macht sich nach und nach eine eine gehobene Form von Langeweile breit: die Guten sind gut, die Bösen sind böse und der Adel ist kompliziert im Umgang, aber im Grunde doch ganz menschlich. Fein. Für den nächsten Fellowes-Roman wünsche ich mir wieder etwas mehr britischen Humor und eine weniger hanebüchene Story.
Ich danke dem Penguin Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar.
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