Anstrengend

Erste Hilfe | Mariana Leky besprochen von Janina am 3. Oktober 2018.

Bewertung: 3 Sterne

Der Dumont Verlag nutzt den Erfolg des Romans „Was man von hier aus sehen kann“ , der im letzten Jahr zum „Lieblingsbuch der Unabhängigen Buchhandlungen“ gewählt wurde, und legt ein älteres Werk Mariana Lekys neu auf. „Erste Hilfe“ erschien zuerst 2004 und scheint der erste Roman der Autorin zu sein. Es geht um drei Freunde, Matilda, Sylvester und die Erzählerin. Matilda leidet unter Angststörungen, die anderen beiden versuchen zu helfen und müssen sich zwangsläufig auch mit ihren eigenen Problemen auseinander setzen.
Was man sofort bemerkt, der Erzählton, der in „Was  man von hier aus sehen kann“ für die besondere Stimmung sorgt, diese ruhige und doch irgendwie gleichzeitig wuselige Art des Erzählens, die findet sich auch hier schon. Nur, dass mir hier relativ schnell zuviel davon da ist und ich nach ein paar Seiten schon das erste Mal genervt Luft hole und das Buch beiseite legen muss. Das ist schade, denn die Frage danach, was Freundschaft ausmacht, ist ja durchaus spannend und Mariana Leky ist definitiv feinfühlig genug, um keine 08/15-Ideen zu verarbeiten.

„Weil wir auf einem Bahnsteig stehen, denke ich darüber nach, ob wirklich alles von Sylvester abgegangen ist (…)“

und dann denkt sie darüber nach, ob auch wirklich keine Gefühle an Sylvester hängen geblieben sind und denkt darüber nach, ob Sylvester womöglich auch darüber nachdenkt, ob alles abgegangen oder etwas hängen geblieben ist und nachdem ich diesen Absatz vollständig gelesen habe, beginne auch ich darüber nachzudenken, ob etwas von Sylvester und diesem Buch an mir hängen geblieben sein könnte und da muss ich das Buch, entsetzt ob dieses Gedankens, erstmal zuklappen. Da bin ich aber schon relativ weit und deshalb klappe ich es wieder auf und lese weiter, denn neun Seiten gehen bestimmt noch und dann ertappe ich mich dabei, wie ich beginne diese Seiten zu zählen während des Lesens und auch dabei, dass die Frage, ob es nun Seite 6 oder Seite 7 vor dem Ende ist, mich mehr interessiert als Matilda und Sylvester und die Erzählerin – und dann ist es auch schon vorbei.

Ich muss gestehen, auch bei Lekys Bestseller gab es Stellen, wo mir diese Art zu Schreiben anstrengend zu lesen erschien, aber da haben die Charaktere das wieder wett gemacht. Hier sind auch die Charaktere fürchterlich anstrengend und trotz des vielen Textes irgendwie wortkarg und alle schleppen insgeheim an ihren Päckchen herum und keiner ist dabei, der wie Selma hin und wieder Köpfe zurecht rückt und Pflaster auflegt und „Heile Gänschen“ singt, weshalb das Ganze trotz Freundschaft und Therapie tendenziell trostlos ist. Und ja, vielleicht ist das Leben so, und vielleicht mochte ich das Buch nicht, genau weil das Leben so ist, aber es ist tatsächlich so: ich mochte das Buch nicht. Und deshalb ende ich hier dann auch, denn mehr gibt es nicht dazu zu sagen.

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