Fanny ist eine Bauerntochter. Ihr Vater brachte ihr bei, dass man schweigt, wenn es nichts Wichtiges zu sagen gibt, und von ihrer Mutter erlernte sie alle für eine Bauerntochter wichtigen Arbeiten. Trotzdem war Fanny anders als die anderen Mädchen im Dorf. Sie war auffallend hübsch und sie besuchte als einzige eine höhere Schule. Daher überraschte es auch niemanden, dass der Lehrer sie zur Frau nahm. Er brachte ihr das Tanzen bei und machte sie zur Schulmeisterin. Sie organisierte eine Schulausspeisung und lernte, schulterfreie Kleider aus feinen Stoffen zu nähen. Gleichzeitig half sie weiterhin jeden Tag ihren Eltern auf dem kleinen Bauernhof.
Jetzt ist Fanny 80 Jahre alt und lebt alleine. Ihre Enkelin möchte, dass sie ihre Erinnerungen aufschreibt, nicht die Märchen aus dem Dorf, sondern was wirklich war, aber das Notizbuch, das sie ihr zu diesem Zweck geschenkt hat, bleibt leer. Fanny erinnert sich dennoch. In kurzen Kapiteln erfahren wir, wie sie mit den Schicksalsschlägen umgeht, die das Leben für sie bereithält: Wie eine Königin, Haltung bewahrend und schweigend.
Bei der Vorstellung ihres Romans Die Königin schweigt auf der BuchWien 2017 erklärt Laura Freudenthaler, ihr Ziel sei es, gegen das Schweigen anzukämpfen und den Frauen eine Stimme zu geben, und das ist ihr mit dieser Geschichte zweifellos gelungen. Die 1984 geborene Autorin betont, dass sie selbst nicht vom Land kommt, aber die Widmung Meinen Vorfahrinnen lässt erraten, woher sie Einblick in das Leben in einer bäuerlichen Gemeinschaft hat.
Meine Meinung: Eine nur auf den ersten Blick einfache Geschichte über das Leben einer Frau bäuerlicher Herkunft, die aufgrund der Umstände ein selbstständiges, modernes Leben führt, aber von den Wertvorstellungen bestimmt bleibt, die ihr zuhause mitgegeben wurden. Der Autorin gelingt es, die Stimmung einer Zeit einzufangen, die weit vor ihrer eigenen liegt. Besonders beeindruckt hat mich, dass die Charakterisierung der Personen weitgehend durch die Beschreibung ihrer Entscheidungen und Handlungen gelingt, in einer ruhigen Sprache, die ohne Extreme auskommt. Eine Geschichte, die sich leicht liest, die ich aber nicht ganz so leicht verdaut habe.
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