Mein erster gelesener Roman von der diesjährigen Longlist für den Deutschen Buchpreis. Und ganz sicher nicht der schlechteste Einstieg in diese Liste.
Gert Loschütz erzählt von einer lebenslangen Liebe, einer Liebe, die trotz Trennung nicht endgültig loslassen kann, von zwei Menschen, die auf ewig verbunden bleiben.
Herta und Georg lernen sich kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs kennen, eine junge Verkäuferin und ein Berufssoldat. Obwohl beider Eltern die Verbindung nicht schätzen, werden die beiden ein Paar. Sie bekommen einen Sohn, Philipp genannt Fips, und richten sich nach dem Krieg in der DDR ein. Doch weil das Leben dort kein Zuckerschlecken ist und ein Fehler schnell gemacht, ist die junge Familie irgendwann gezwungen, in den Westen zu fliehen. Dort zerbricht ihre Ehe, Herta läßt ihren Sohn bei Georg zurück und verschwindet jahrelang. Nur Postkarten geben in unregelmäßigen Abständen ein Lebenszeichen.
Loschütz versteht sein Handwerk. Stück für Stück setzt der Leser gemeinsam mit Philipp Hertas und Georgs Werdegang zusammen, wird man zu den wichtigen Kreuzungen in ihrer beider Leben geführt. Oft bleibt es dem Leser dabei selbst überlassen, sich das „Wie“ oder „Warum“ zu denken, vieles bleibt vage, einiges offen. Aber welcher Sohn weiß schon alles über das Leben seiner Eltern?
Der Roman ist wohl durchdacht, wohl formuliert und trotzdem sprang bei mir der Funke nicht über. Vielleicht weil mir das Handeln der Personen zu unverständlich war? Stellt ein Sohn seiner Mutter, die über Jahrzehnte verschwindet, wirklich keine Fragen, wenn sie urplötzlich wieder auftaucht? Und auch nicht dem Vater über die Gründe dieses Verschwindens, der Trennung? In jungen Jahren vielleicht nicht, aber später, als Heranwachsender, als Teenager?
Und dann wirkt der Text zu poliert auf mich, ja, tatsächlich zu professionell. Mir fehlt der Lebenshauch in der brillanten Konstruktion. Sprachlich wunderbar elegant, bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, ist eigentlich im Überfluss alles da, was ein Meisterwerk benötigt. Aber wirklich berührt hat mich der Roman nicht. Auf der Longlist steht er trotzdem definitiv verdient und hat sicherlich auch gute Chancen für die Shortlist.
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