Obwohl 1974 geboren, bin ich mit den Beatles groß geworden. Meine Mutter war Fan, die Platten liefen bei uns rauf und runter. Um es zu präzisieren, sie war McCartney-Fan und ließ kein gutes Haar an John Lennon, noch weniger an Yoko Ono. Und damit wären wir auch schon beim Thema.
Der Bestseller-Autor David Foenkinos, bekannt u.a. durch „Nathalie küsst“, hat sich an die Mammutaufgabe gemacht, John Lennons Leben zu erzählen. Aber nicht nur das, er lässt Lennon selbst sprechen, und zwar bei nicht näher definierten Sitzungen, vermutlich bei einem Psychiater, über Jahre hinweg.
Beginnend mit seiner Kindheit und Jugend, berichtet Lennon vom schwierigen Verhältnis zu seinen Eltern, von der in ihm heranwachsenden Wut, der Einsamkeit, der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Weiter geht es mit der Bandgründung, den ersten Alkohol- und Drogenerfahrungen, den ersten Gewaltausbrüchen, Erfolgen und Niederlagen. Was dann kommt, weiß eigentlich jeder: Beatlemania, der Aufstieg zur bekanntesten Popband aller Zeiten, ein nicht fassbarer Irrsinn mit Millionen von Fans weltweit. Danach kann es nur noch bergab gehen, bis zur Auflösung der Truppe, Lennons Beziehung zu der japanischen Künstlerin Yoko Ono und seinem Tod durch einen Attentäter 1980.
Das ist viel Stoff für ein eigentlich gar nicht so dickes Büchlein. Und so fliegt man durch Lennons Leben, reißt hier etwas an, schaut da ein bißchen hin, es fühlt sich an wie eine Fahrt auf der Wasserrutsche. Man erfährt, dass er gar nicht der nette Nachbarsjunge ist, als den ihn die Medien eine Zeit lang darstellen, dass er die meiste Zeit seines Lebens betrunken oder stoned oder beides war, dass er wohl durchs Leben ging ohne Rücksichtnahme oder Mitgefühl, insgesamt also ein riesengroßer … war.
Foenkinos gelingt es sehr gut, einen Ton zu finden zwischen Selbstverherrlichung und Minderwertigkeitskomplexen, der wohl tatsächlich Lennons Wesen ausmacht. Er hat sicherlich gut recherchiert, Interviews ausgewertet, Artikel gelesen und sich auch sonst alle Mühe gegeben. Und trotzdem bleibt John Lennon blass. Es ist eben nicht Lennon, der da spricht, sondern Foenkinos, der versucht, sich in Lennon hineinzudenken. So könnte es aber die Stimme jedes beliebigen Popstars sein. Die Eckdaten stimmen, lebendig gerät der Text dadurch noch lange nicht. Wahrscheinlich ist es schlichtweg nicht möglich, sich in den sprunghaften, teilweise wirren Geist Lennons einzudenken, so wie es ja auch nicht möglich ist, das Phänomen „Beatles“ wirklich zu erklären.
Ein unterhaltsamer Roman, der für manchen eventuell ein paar Überraschungen bereit hält. Man muss die Beatles nicht kennen, um das Buch zu lesen, es könnte aber beim Verständnis der Abläufe helfen.
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