„Die Leute sehen das Schlechte nie, sagte ich, wenn es so nahe vor ihrer Nase ist. Wie das Schwein, wenn es in der eigenen Scheiße liegt.“
Es ist das Jahr achtzehnhundertunddreißig. Wir befinden uns in einem kleinen, nicht näher benannten englischen Dorf. Ihr Name ist Mary. Und ihr Haar hat die Farbe von Milch. Die vierzehnjährige Mary ist an einem Bauernhof aufgewachsen, mit drei Schwestern, ihrem strengen Vater, der Mutter und dem Großvater. Der Vater und die Schwestern bewirtschaften den Bauernhof. Die Tage sind lang und hart. Mary hinterfragt nichts, ist sehr ehrlich und hat stets einen positiven Blick aufs Leben. Der Großvater ist der einzige, von dem Mary ein bisschen Zuneigung erfährt. Eines Tages wird beschlossen, dass Mary den elterlichen Bauernhof verlassen soll und im Haus des Pfarrers aushelfen soll. Dort pflegt sie vor allem die kranke Ehefrau des Pfarrers und hat zum ersten Mal in ihrem Leben jemandem, der auch ihr Wohl am Herzen liegt. Nachdem die Pfarrersfrau stirbt ändert sich für Mary alles – der Pfarrer beschließt, ihr das Lesen und Schreiben beizubringen, doch zu einem hohen Preis.
Der kurze Roman imponiert mit seiner einfachen Sprache, die wiederspiegeln soll, dass Mary das Schreiben gerade erst gelernt hat. Dieser Schreibstil war anfangs gewöhnungsbedürftig, auch da es teils sehr lange, verschachtelte Sätze sind. Nell Leyshon schreibt beeindruckend klar und unaufgeregt, jedoch flüssig. Sie zeichnet ein beeindruckendes Bild von Mary, der einfachen, sehr direkten und klugen Bauerstochter, die zum ersten Mal in ihrem Leben von zuhause weg ist. Grau ist dieses einfache Arbeiterleben, das mit der Zeit nur trüber wird. Marys direkte Art macht das Buch sehr unterhaltsam. Obwohl es im 19. Jahrhundert spielt sind die Themen nach wie vor aktuell. Leyshon regt definitiv zum Nachdenken an!
Weitere Rezensionen lesen: Die Farbe von Milch | Nell Leyshon