Wer Tom Hillenbrand durch seine kulinarischen Krimis mit Xavier Kieffer kennen gelernt hat, in denen ein Koch von einem Mordfall in den nächsten gerät und charmant und „klassisch“ löst, mag ein wenig überrascht von Drohnenland sein.
Auch hier geht es natürlich um einen Mord. Diesmal aber nicht im liebevollen Umfeld zwischen Sterneküche und luxemburger Hausmannskost, sondern in einer Zukunft, in der die technischen Entwicklungen des Big Data Realität geworden sind: Drohnen sind nicht nur dafür da, mit Handykameras über Dächer zu fliegen oder Postpakete abzuliefern. In Drohnenland wird bereits eine neue Entwicklungsstufe erreicht: Drohnen sammeln Daten, verknüpfen diese zu neuen Gesamtbildern, ziehen Schlüsse zur Vergangenheit und sind u.a. in der Lage Verbrechen aufzuklären, Täter gleich dingfest zu machen oder gar die Umsetzung geplanter Straftaten zu verhindern.
Es liegt auf der Hand, dass es für Kommissar van Westerhuizen bei seiner Arbeit von Nutzen ist, diese Datenfülle zu nutzen, um zu schnellen Erfolgen zu kommen. Wie aber sieht es aus, wenn menschliche Erkenntnisse zu anderen Ergebnissen kommen als die Datenanalysen? Wem kann die Gesellschaft mehr vertrauen: menschlicher Erfahrung oder künstlicher Intelligenz? In diesen Konflikt stürzt Hillenbrand den Mordermittler. – Und steigert das Ganze, indem er die Geschichte um die Fehleranfälligkeit menschlicher Erkenntnisse sowie die Möglichkeit der Datenmanipulation erweitert. Zudem bettet er den Mord an einem Politiker vor einer wichtigen Parlamentsabstimmung in größere wirtschaftliche Interessenlagen ein und hinterfragt, wie das Verhältnis von Staat und Wirtschaft aussieht, wenn es um die Datennutzung geht. Wer sichert letztlich den Datenschutz und damit den Menschen vor der Führung durch Maschinen?
Hier liegt dann durchaus die Parallele zu Hillenbrands kulinarischen Krimis: die Straftat wird auch hier in einen politischen Zusammenhang gestellt, wobei die Rolle der EU gegenüber den Nationalstaaten deutlich gestärkt ist.
Beim Beschreiben der einzelnen Aspekte fällt auf, wie kompliziert der Gesamtplot ist. Daher wächst im Nachhinein der Respekt vor Hillenbrand, der die Geschichte trotz der verschiedenen Ebenen nachvollziehbar, eingängig, unterhaltsam und ohne große logische Brüche erzählt.
Wird am Ende alles gut? Jedenfalls wird der Leser daran erinnert, dass wenn schon die technologische Entwicklung zu Big Data, selbstfahrenden Autos, allumfassender elektronischer Kommunikation und riesiger Speicherkapazität nicht aufzuhalten ist und unverkennbare Erleichterungen verschafft, parallel ein wirksamer Datenschutz keinesfalls auf der Strecke bleiben sollte.