Ich habe ein Faible für Geschichtsromane. Damit meine ich weniger wandernde Hebammen oder Animierdamen im Mittelalter, sondern vielmehr Romane, die vergangene Menschen, Orte, Daten, Fakten lebendig machen und auch nachvollziehbar aus heutiger Sicht. Mit „Licht“ hat der bekannte Autor Anthony McCarten einen solchen Roman geschrieben. Gut, man merkt durchaus, dass diesem Roman ein Schema zugrunde liegt, dass der Autor eine Verfilmung wahrscheinlich schon vor Augen hatte und dass er weniger ein Sprachkünstler denn ein Unterhaltungsprofi ist. Aber ich lasse mich bisweilen gerne unterhalten und Bildungslücken schließe ich auf diesem Niveau auch gerne.
Die Zusammenarbeit von Thomas Alva Edison, dem Erfinder, mit John Pierpont Morgan, dem Bankier, ist das Thema der Wahl. Und für Edison könnte diese Zeit durchaus unter einem abgewandelten Goethe-Zitat stehen: Ein Teil von jener Kraft,/ die stets das Gute will und stets das Böse schafft.
Mit der Erfindung der Glühbirne wird Edison interessant für Morgan. Die Vorstellung, der Welt das elektrische Licht zu schenken, ganze Städte mit den nötigen Installationen zu versehen, entspricht Morgans ausgeprägtem Sinn für Macht und Finanzen. Er stattet Edison mit einem Labor und unbegrenztem Geld für Forschungen aus, bietet gar sein Haus als Versuchsobjekt an. Zunächst verläuft das Projekt erfolgreich. Doch während Edison auf die Nutzung von Gleichstrom setzt, arbeitet der ursprünglich mit ihm befreundete Erfinder Nikola Tesla an einem ähnlichen Projekt mit einem Konkurrenten, basierend auf Wechselstrom. Edison verrennt sich so sehr in die Idee, Wechselstrom sei hochgefährlich, dass er um diesen Beweis zu erbringen, mithilft, den elektrischen Stuhl zu konstruieren. Sein Ziel, Gutes für die Menschheit zu erschaffen, verliert er dabei völlig aus den Augen, seine eigene Menschlichkeit ebenso.
Und an dieser Stelle muss ich es nun gestehen: ich habe schon immer arge Schwierigkeiten beim Lesen von grausamen und brutalen Begebenheiten gehabt. Besonders, wenn es um hilflose Wesen geht, ob Kind oder Tier, die sinnlosen Quälereien ausgesetzt werden. Die hier beschriebenen Tierversuche haben mich an die Grenzen dessen gebracht, was ich in einem Roman ertragen möchte. Sicher, sie machen deutlich, wie sehr Edison seinen Weg verloren hat, wie weit er sich von dem entfernt hat, was für ihn eigentlich wichtig ist. Und sie zeigen auch, welche Werte bisweilen auf dem Altar der wissenschaftlichen Forschung geopfert werden, nämlich Menschlichkeit, Mitgefühl und Aufrichtigkeit. Trotzdem habe ich mich zwingen müssen, weiterzulesen und die Lesefreude ist mir dabei gänzlich abhanden gekommen.
Für weniger zartbesaitete Leute ist „Licht“ aber sicherlich ein interessanter Roman über das Leben und Wirken Thomas Alva Edisons, über den Einfluss der Hochfinanz auf Forschung und Wissenschaft und darüber, wie schnell man seine Seele an den Teufel verkaufen kann. Keine hohe Literatur, aber gut gemachte Unterhaltung.
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