Autor: Günther Rühle
Günther Rühle wurde am 3. Juni 1924 in Gießen geboren und verbrachte seine Jugend in Weilburg an der Lahn, wo der Großvater eine Bäckerei betrieb. Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 verlor der auch als Mundartdichter bekannte Vater Ludwig Rühle seine Anstellung beim Städtischen Revisionsamt in Frankfurt.
Die Familie zog nach Bremen, wo der Vater bei internationalen Großunternehmen als Wirtschaftsprüfer tätig war. Von 1942–1945 wurde Günther Rühle mit 17 Jahren zum Militär eingezogen.
Nach dem Kriege machte er in Bremen sein Abitur. Ab 1946 in Frankfurt am Main Studium der Germanistik, Geschichte und Volkskunde, das er 1952 mit der Dissertation über »Die Träume und Geistererscheinungen in den Trauerspielen des Andreas Gryphius und ihre Bedeutung für das Problem der Freiheit« beendete.
Ab 1953 Journalist in Frankfurt am Main, zunächst beim Ost-West-Kurier, der Heimatzeitung der Vertriebenen und bei der Frankfurter Rundschau. Von 1954–1960 dann Feuilleton-Redakteur der Frankfurter Neuen Presse, wo er sich als Theaterkritiker erste Meriten erwarb. Ab 1960 Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, bei der er als Chronist und Anwalt für die Erneuerung des Theaters der ’68er Generation eintrat. Als die F.A.Z. ihn 1974 zum Feuilletonchef ernannte und ihm damit zugleich das Ressort der Theaterkritik entzog, protestierten 20 deutsche Theaterintendanten in einem offenen Brief an die Herausgeber gegen diese Maßnahme. Rühles kritische Maximen und Reflexionen über das Theater erschienen danach vornehmlich in der Zeitschrift Theater heute. 1985–1990 Intendant am Schauspiel Frankfurt.
In seiner fünfjährigen Intendanz kam es zu politischen Auseinandersetzungen mit der Jüdischen Gemeinde um die Inszenierung von Fassbinders Stück »Der Müll, die Stadt und der Tod« und kulturkampfähnlichen Tumulten um die Inszenierungen von Einar Schleef. Von 1991–1994 Berater der Chefredaktion und Feuilletonchef beim Berliner Tagesspiegel. 1993–1999 war er Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste; heute deren Ehrenpräsident. 2009 wurde der im Rahmen der Woche Junger Schauspielerinnen und Schauspieler verliehene Preis für die beste darstellerische Leistung in Günther-Rühle-Preis umbenannt.
Von 1999–2017 Präsident der Alfred-Kerr-Stiftung, dessen Stiftungsrat er bis heute angehört. Rühle erhielt den Theodor-Wolff-Preis (1963), den Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay (2007), den Hermann-Sinsheimer-Preis (2009), den Binding-Kulturpreis (2010), die Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille (2013) und ist Ehrenbürger der Stadt Bensheim. Rühle ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und arbeitet seit 1995 als freier Publizist.
Günther Rühle lebt in Bad Soden am Taunus.