Autor: Kate Greenaway
Kate Greenaway wird 1846, ein knappes Jahrzehnt nach der Thronbesteigung von Queen Victoria, geboren. Mit nur 55 Jahren stirbt sie 1901. Nicht nur ihren Lebensdaten nach ist das Werk von Kate Greenaway von der Ära geprägt, die man bereits zu Lebzeiten der Monarchin das viktorianische Zeitalter nennen wird. Dabei darf man sich nicht von der Gefälligkeit der grafischen Formensprache, die gewiss die Grundlage ihrer Beliebtheit bildete, zu einer pauschalen Kategorisierung „Nett und harmlos“ verleiten lassen.
Das Mädchen wächst in ländlicher Idylle auf. Zeitlebens wird die Liebe zur Natur, Tieren und Pflanzen, in deren Nachbarschaft und mit täglichem Kontakt sie die Kindheit verbringt, prägend für ihr Weltverständnis und damit ihr Werk bleiben. Hinzu tritt, dass es ihr bald schon nicht genügen wird, die Illustrierung von Texten anderer oder tradierter Volksdichtung zu liefern. Sie will ihr persönliches Wort sagen.
Mit „Marigold Garden“ von 1885 gelingt ihr das vorzüglich. Die Gedichte sind konventionell genug, um nicht die Eltern, die ja wie zu allen Zeiten die Bücher für ihre Kinder kaufen, zu verprellen. Andererseits sind in manchem Vers kleine Widerhaken der Provokation versteckt. Autoritätsgläubigkeit und Anpassung werden auf die Schippe genommen, den Kindern (sowohl den im Gedicht zu Wort kommenden als auch den Adressaten der Texte) wird einverständlich ein unabhängiges Urteil zugetraut.
Die kleine Alltagswelt erstrahlt im sanften Glanz des Vertrauten. In den Wünschen und Träumen der kindlichen „lyrischen Helden“ eignet der heimatlichen Nähe aber auch eine Perspektive der Entgrenzung. Sie gilt für tatsächlich Erreichbares, fremdes Land und Meer, aber auch die Weiten des Kosmos mit Sonne und Sternenwelt. Hier gelingen Kate Greenaway Strophen von berührender Schlichtheit und bleibender poetischer Kraft.