Autor: Rosalía de Castro
Die am 24. Februar 1837 als „Tochter unbekannter Eltern“ in Santiago de Compostela getaufte Rosalía de Castro erfährt schon kurz nach der Geburt die Besonderheiten ihrer Zeit. Denn ihre Eltern sind keineswegs „unbekannt“: Die Adlige Teresa de Castro und der Priesterseminarist José Martínez Viojo befürchten wahrscheinlich gesellschaftliche und klerikale Sanktionen. Denn dass ein Kind im Zölibat gezeugt wird, gilt als Schande und Sünde. So beauftragen die Eltern die Schwester des Vaters, María Francisca Martínez, zur Taufpatin.
Rosalía de Castro entgeht dem Schicksal, welches unehelich geborene Kinder normaler Weise erfahren: die Zeit bis zur Heirat des ersten Elternteils im Waisenhaus zu fristen.
Rosalía lebt zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Taufpatin María Martínez in Padrón und Santiago de Compostela. Die Außergewöhnlichkeit ihres Charakters, ihre Intelligenz und ihr kulturelles Interesse führen Castro schon bald in die Kreise des Liceo de Santiago, wo Studenten und Intellektuelle wie Eduardo Pondal oder die intimen Freunde Aurelio Aguirre und Manuel Murguía ein und aus gehen.
Im Frühjahr 1857 veröffentlicht sie La flor (Die Blüte). Ihr Erstlingswerk wird von Manuel Murguía in einer Zeitungskritik sehr wohlwollend besprochen und so scheint der Grundstein für eine nicht nur literarische Zusammenarbeit gelegt worden zu sein: Im Juli 1858 veröffentlicht sie den für die Literatur von Frauen wichtigen Text Lieders (sic) und am 10. Oktober des nämlichen Jahres findet die Heirat mit Manuel Murguía statt.
Als Rosalía de Castro am 15. Juli 1885 in dem kleinen Ort Padrón bei Santiago de Compostela stirbt, verliert Galicien an diesem Tage seine innovativste Dichterin. Die Bewunderung für ihre Veröffentlichungen auf Galicisch haben zur Stilisierung Castros zum Nationalsymbol, zur Mutter der Nation geführt. Literarische Wirkung: Azorín, Antonio Machado, Miguel de Unamuno, allesamt Dichter der sogenannten Generation von 98 und somit Modernisten, haben Rosalía de Castro für das 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Dabei ist es besonders die Direktheit ihrer Sprache, ihr Existentialismus und die ewigen Themen der Menschheit: Liebe und Enttäuschung, Leben und Tod, kurz, das Fragen nach dem Sinn des Lebens, was die Autoren an Rosalía de Castros Schriften, und besonders an En las orillas del Sar fasziniert.