Autor: Uwe Stöß
„Ich stand vor dem Scherbenhaufen meines Lebens, das nicht nur den Bach, sondern einen Fluss hinunterging, und ich irrte wie ein Geisterschiff durch diesen Albtraum, ohne Aussicht auf einen rettenden Hafen. Ich war ein verdammter Feigling! Ich kapitulierte und entzog mich selbstgerecht jeder Verantwortung. Wiederum war der Sumpf zu tief, als dass ich mich aus eigener Kraft hätte befreien können. War es falscher Stolz, der mich keine fremde Hilfe suchen ließ? Vielleicht diktierte die Scham meine Resignation und die niederschmetternde Erkenntnis, dass ich mein Leben nicht auf die Reihe bekam. Meine Augen wurden feucht. Hätte ich die Tränen weinen müssen, die hinter meinen Augen Schlange standen, bräuchte ich für den Rest des Weges ein Boot.“ (Aus: „2 Etagen unter der Hölle“)
2005 bricht Uwe Stöß aus. Raus aus dem Kreislauf von Alkohol, Prügeleien, Diebstahl. Raus aus dem scheinbar nicht zu durchbrechenden Wechsel zwischen Knast und Obdachlosigkeit. Raus aus dem ewigen Hin und Her zwischen Selbstmitleid und Zorn.
Bis dahin hatte er, 1963 in Plauen geboren, seine lieblose Kindheit und Jugend überstanden, als bester Lehrling seine Ausbildung zum Agrotechniker vorzeitig abgeschlossen, drei Jahre Dienst bei der NVA geleistet, danach in seinem Beruf gearbeitet, fing an zu studieren und hat es dabei, wie er selbst sagt, nie geschafft, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Wut und Alkohol sind die Wegbereiter für den Absturz in seine ganz persönliche Hölle.
Als er 2005 sein letztes Bier wegstellt, beginnt er den mühevollen Weg zurück, raus aus dem Sumpf. Uwe Stöß, nun in Leipzig beheimatet, sucht sich Hilfe, und er hat Glück. Er trifft auf Menschen, die ihm wirklich helfen wollen, lernt zu vertrauen und auch Erwartungen anzuerkennen.
Und er hat etwas, mit dem er sich selbst helfen kann. Er hat begonnen zu schreiben – auch weil Menschen zum Reden fehlten. In kurzen Erzählungen blickt er zurück auf sein Leben und die, die ein Teil dieses Lebens waren. Er tut dies so eindringlich und beeindruckend, dass erste Lesungen folgen und 2009 die Veröffentlichung des ersten Buches: „Zwei Etagen unter der Hölle“. Zum Debut schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 2009: „Unheimliche Sprachgewalt – detailliert, drastisch und direkt.“
Es folgen drei weitere Bände mit Erzählungen. „Auch Sterne lügen“ (2010), „Weltkriege und Geschlechts¬krankheiten“ (2011) und „Täterätä“ (2013). Längst ist nicht mehr nur das eigene Leben Inhalt der Erzählungen, mit scharfem Blick und bissigem Wort wird deutsche Alltäglichkeit zum Thema. 2012 erscheint Stöß’ erster Roman „Der himmelblaue Fasan“, nun wieder autobiografisch, ist eine Liebesgeschichte und eine Geschichte des Sichselbstversicherns.
Im April 2016 feierte der fünfte Geschichtenband Premiere in der Moritzbastei Leipzig. Ein weiterer Erzählband erscheint jetzt im März 2017 und ein neuer Roman ist in Arbeit.
Auf Lesungen begeistert Uwe Stöß jedes Publikum mit seinen Geschichten und seiner Persönlichkeit – authentisch, ehrlich, kraftvoll.